Mobile Wundversorgung in Münster: Ein Jahr Vertrauen und Hilfe für Bedürftige
Ein Jahr mobile Wundversorgung am Bremer Platz in Münster
Johanniter ziehen Bilanz
Seit einem Jahr steht am Bremer Platz in Münster ein Angebot, das Menschen erreicht, die sonst durchs Raster fallen würden. Die mobile Wundversorgung der Johanniter arbeitet dort, wo reguläre Angebote nicht greifen. Bis zu acht Patientinnen und Patienten pro Termin lassen sich inzwischen behandeln – ohne Anmeldung, ohne Versicherung, ohne Angst vor Hürden. Das ehrenamtliche Team aus Ärztinnen, Ärzten und Pflegekräften hat in den vergangenen zwölf Monaten nicht nur Wunden versorgt, sondern vor allem Vertrauen aufgebaut. Mit einem neuen, bewusst unauffälligen Versorgungsmobil schaffen sie nun einen geschützteren Raum, der Menschen einlädt statt abschreckt.
„Unser Angebot erreicht Menschen, die durch Armut, Krankheit, Angst oder schlechte Erfahrungen aus der regulären Versorgung herausfallen. Wir sehen hier Wunden, die seit Wochen niemandem gezeigt wurden – oft aus Scham oder Angst“, so Carsten Wiegand, Leiter des Hilfsprojekts.
Verlässlichkeit sei deshalb ein zentraler Bestandteil des Angebots, um Vertrauen aufzubauen – und das sei gelungen, betont Wiegand. Jeden Mittwoch und seit Dezember zusätzlich montags, jeweils von 16 bis 18 Uhr, versorgt das ehrenamtliche Team bis zu acht Menschen pro Termin. Die Besonderheit des Angebots liegt in seiner Niedrigschwelligkeit: Keine Anmeldung, kein Formular, keine Krankenversicherung ist nötig. Finanziert wird das Projekt durch Spenden.
Das Projekt begann im Herbst 2024, nachdem im Gremium „Soziale Institutionen mit Bezug zur Szene“, organisiert durch das Quartiersmanagement am Bremer Platz, der Bedarf nach medizinischer Versorgung deutlich wurde. Die Johanniter übernahmen binnen weniger Tage die Aufgabe – auf die Schnelle zunächst mit einem ausrangierten Rettungswagen und einem kleinen ehrenamtlichen Team aus pensionierten Ärzt*innen und Krankenpleger*innen.
Niedrigschwellig. Vertrauensvoll. Lebenswichtig.�Das Team, so heißt es in einer Pressemitteilung der Johanniter, setzt auf Nähe, Geduld und Wiederholung. Viele Menschen kommen erst nach mehreren Begegnungen zur Behandlung – ein Erfolg, der ohne persönliche Beziehung nicht möglich wäre. „Wir freuen uns, dass wir das Vertrauen der Menschen vor Ort gewinnen konnten – und dass wir ein zuverlässiges Team haben, mit tollen engagierten Menschen“, sagt Wiegand, „die diese Arbeit im Übrigen alle ehrenamtlich leisten“, ergänzt er.
Viele Betroffene leben mit Scham, Angst vor Behörden, ohne Krankenversicherung oder in einer Lebenssituation, in der der Weg in eine Arztpraxis schlicht nicht realistisch ist. Gerade deshalb ist das Hilfsangebot mobil: Ein Gespräch, ein Verband, eine fachkundige Einschätzung – ein zweiter Termin, wenn nötig. Und vor allem: Menschen, die niemanden ausgrenzen. Bei jedem Termin sind medizinische Fachkräfte im Einsatz und mindestens ein Arzt oder eine Ärztin. „Manchmal ist der wichtigste Schritt der, bei dem sich jemand überhaupt traut, seine Wunde zu zeigen“, sagt Dr. Gerd Thomas Klauke, pensionierter Gefäßchirurg aus Dortmund, der gemeinsam mit Mario Tigges und Gesa Zager ehrenamtlich vor Ort ist. Den Weg aus Dortmund nimmt er dafür gern auf sich.
Bild: Dr. Gerd Thomas Klauke (rechts), pensionierter Gefäßchirurg aus Dortmund, ist gemeinsam mit Gesa Zager und Mario Tigges das ehrenamtliche Team vor Ort. Foto: Johanniter